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DER SPIEGEL gesteht falsche Berichterstattung ein

Rote Karte für Kampagnenjournalismus

Rote Karte für Kampagnenjournalismus

Falschbehauptung über Waldorf-Lehrer*innenausbildung: Um einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu entgehen, unterwarf sich DER SPIEGEL einer Unterlassungserklärung.

Peinliche Schlappe für die Redaktion des Hamburger Nachrichtenmagazins: Sie muss eingestehen, nicht zutreffende Fakten – offensichtlich ohne professionelle Prüfung durch eine journalistische Recherche – berichtet zu haben. Um einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu entgehen, unterwarf sich der Spiegel einer Unterlassungserklärung der Freien Hochschule Stuttgart und des Seminars für Waldorfpädagogik Hamburg.

In seinem Beitrag versammelte SPIEGEL-Autor Lukas Hildebrand gleich mehrere Aussagen über die Ausbildung von angehenden Waldorflehrerinnen und -lehrern an der Freien Hochschule Stuttgart mit ihrem Kooperationspartner, dem Seminar in Hamburg. Merkwürdig: Von den Aussagen seiner Quellen gibt Hildebrand im Text selbst zu, dass sie nicht überprüfbar seien ("Nicht alles, was sie sagen, lässt sich nachprüfen.").

Was den Autor offensichtlich aber nicht davon abhielt, aus seinen anonymen Quellen – offensichtlich ohne Prüfung durch eigene Recherchen – zu zitieren. So behauptet das Magazin etwa: "Wer eine Waldorf-Ausbildung machen will, muss zum Grab Rudolf Steiners pilgern."

"Das ist klar eine falsche Tatsachenbehauptung, die wir so nicht stehen lassen dürfen!", erklärt Prof. Matthias Jeuken von der Freien Hochschule Stuttgart. "Niemals gab es eine solche Vorschrift für die Ausbildung von angehenden Waldorflehrern und -lehrerinnen! Diese Behauptung ist schlicht Humbug!" Exemplarisch für weitere Falschdarstellungen schaltete die Freie Hochschule einen Presseanwalt ein. Das Ergebnis: DER SPIEGEL unterwarf sich ohne Weiteres einer Unterlassungserklärung. 

Jeuken und seine Kolleginnen und Kollegen schütteln nicht nur über diese journalistische Fehlleistung des SPIEGEL- Autors den Kopf. "Ein schlichter Anruf bei uns hätte genügt, diese kapitale Fehlbehauptung zu vermeiden!" Doch den gab es nicht. Der Professor weist zudem auf weitere Darstellungen hin, die der Autor offensichtlich nicht sorgfältig recherchierte:
•    So verwechselt der Beitrag die sogenannten "Mondknoten" mit den ebenfalls falsch bezeichneten "Jahrsiebten".
•    Ein generelles Fotografierverbot im Goetheanum, wie im Beitrag behauptet, gibt es nicht.
•    Der Beitrag behauptet zudem, dass Steiner kein Studium abschloss. Verschwiegen aber wird, dass er an der Universität Rostock eine ordnungsgemäße Promotion ablegte und seinen Doktortitel zurecht trug.

Das sind nur drei von einer ganzen Reihe von Insinuationen und nicht überprüfbaren, weil anonym erhobenen Vorwürfen, die der Beitrag zitiert.

Prof. Matthias Jeuken und seine Kolleginnen und Kollegen der Freien Hochschule Stuttgart und des Hamburger Seminars für Waldorfpädagogik sind verwundert angesichts der eklatanten journalistischen Fehlleistung: "Dass eine solch unprofessionell zusammengeschusterte Story im SPIEGEL gedruckt wird, hätte es unter Rudolf Augstein und Stefan Aust sicherlich nicht gegeben!".