Kunst, Kultur und ein Schatz an Welterfahrung
Sage und schreibe sechs verschieden Projekte stellten die Studierenden des dritten Studienjahres diesmal auf die Beine. ""Ihr müsste ja nicht gleich einen ganzen Spielplatz planen", hat uns unsere Dozentin Bettina Staiger-Schöller bei der Erläuterung zu dieser Epoche gesagt. Aber wir haben uns gedacht: warum nicht?" schmunzelte Linda bei der großen Projekt-Präsentation, zu der die Studierenden nicht nur die Hochschulgemeinschaft, sondern auch ihre Spender*innen und Sponsoren eingeladen hatte. Ein persönlicher Kontakt zu der einzigen Waldorfschule in Armenien gab den Ausschlag. Und die umfassend kompetente Unterstützung von Klaus Wohlfahrt, der den Spielplatz plante und zu guter Letzt auch mit der Schulgemeinschaft vor Ort fertigstellte, denn das Holz wurde tatsächlich erst ganz am Ende der geplanten Zeit geliefert. So konnte die Schule in Yerevan, die gerade einen kompletten Neubau beginnt, gleich noch mehr von der tatkräftigen Unterstützung aus Deutschland profitieren: die Studierenden nutzen ihren Aufenthalt und die Wartezeit nicht nur für die nötigen Vorbereitungen der Spielplatz-Baustelle, sondern auch für viele allgemeine Verschönerungs- und Sanierungsarbeiten.
Eine unersetzlich wertvolle Erfahrung für die künftigen Lehrerinnen und Lehrer, die in allen sechs Projekten gemacht wurde: kreativ und flexibel reagieren, wenn die Dinge nicht so laufen, wie geplant. Für das geplante Projekt in Bulgarien hieß es sogar, komplett neu umzudenken. "Die Schule sagte kurz vor Beginn der Reise ab, über die Gründe können wir nur spekulieren", erzählte Daniela, die allein zusammen mit befreundeten Künstler*innen ein Projekt geplant hatte. Doch die kleine Gruppe ließ sich nicht beirren: statt in der Schule wurden sie im Dorf aktiv, begeisterten die Bürgermeisterin und gestalteten mit einem großen Fliesen-Mosaik die Trinkwasserquelle im Ort.
Flexibilität war auch beim Projekt in Griechenland gefragt. "Wir hatten ganze Unterrichtspläne ausgearbeitet, was wir mit den Kindern an der Schule in Thessaloniki umsetzen wollten. Aber vor Ort waren die Voraussetzungen für uns doch ganz unerwartet", berichtete Lena. So wurde kurzerhand umgestellt und improvisiert - "wir haben gelernt, auch Ungewissheit auszuhalten und uns auf die Bedürfnisse der Kinder vor Ort einzustellen. Die Erfahrungen waren unerwartet und unglaublich schön."
In Honduras machten die Studierenden die Erfahrung, dass Musik eine universelle Sprache ist. Genauso wie der Sport. Mit 60 Bällen und einem selbst zusammengestellten Liederbuch im Gepäck starteten sie zu neunt ihre Reise. "Zum Schluss waren nicht nur die Kinder so traurig, dass wir wieder abreisen mussten", erzählte Emily.
Zwei Studenten nutzen die Waldorfschule in ihrem Heimatort Zürich für ein Sportprojekt in der fünften Klasse. Und drei Studentinnen die Stuttgarter Michael Bauer Schule für ein Kunstprojekt mit der dortigen 10. Klasse, in dem sie sich mit der Frage auseinandersetzten, was eigentlich deutsche Kultur ausmacht. Große Collagen entstanden, und spannende Leporellos.
Mit dem Projekt für ukrainische Kinder kam die Welt nach Hause in die Hochschule nach Stuttgart. Bereits im vergangenen Jahr hatten Studierende das Kunst- und Kulturprojekt genutzt, um eine damals dritte Klasse der Kiewer Waldorfschule, deren Schüler*innen in Zeiten des Krieges über ganz Europa verstreut wurden, die Chance zu bieten, zusammenzukommen. Dieses Projekt konnte jetzt wieder fortgesetzt werden. Für fünf Tage verwandelten sich die Atelierräume in der Libanonstraße in ein kleines Landschulheim für 13 Schüler und Schülerinnen, ihre Klassenlehrerin aus der Kiewer Waldorfschule mit einer Kollegin und fünf Eltern. Sechs Studierende erwarteten sie mit einem vollen, abwechslungsreichen, kreativen Programm.
"Sie haben sich ihre Projekte erarbeitet, sie haben sie vorbereitet, sie haben sie durchgeführt - Erfahrungen, die Ihnen niemand nehmen kann, die Sie begleiten auf dem Weg in den Beruf des Lehrers und der Lehrerin", unterstrich Dozentin Bettina Staiger-Schöller. In den kommenden zwei Jahren bis zum Master-Abschluss erwarten die Studierenden immer länger werdende Praktika an Waldorfschulen und noch so manche herausfordernde Projekte.